Kleingarten und Klimawandel

Sommer 2018 / 2019

Spätestens seit 2018 / 2019 die Sommertemperaturen in Frankfurt über 40 0C lagen, verbunden mit wochenlanger Trockenheit, sollten wir Kleingärtnerinnen und Kleingärtner uns künftig auf andere Gartenjahre einstellen. Sinkende Grundwasserstände betreffen auch die Trinkwasserversorgung und können die bislang praktizierte Zusatzbewässerung unserer Gemüse- und Obstkulturen beeinträchtigen. Wir sollten deshalb unsere bislang eingeübten Verhaltensweisen als Kleingärtner überdenken und ggf. ändern.
Seit ca. 35 Jahren kommt der Frühling immer früher und der Winter später. Und spätestens in den letzten beiden Jahren merken wir schmerzhaft, dass dazwischen Wochen der Trockenheit und der Hitze liegen. In diesem Zeitraum schränken viele Pflanzen ihr Wachstum ein oder verwelken sogar.

Dies bedeutet für den Kleingärtner, dass das Gartenjahr früher beginnt und zusätzlich zur Winterpause eine „Sommerpause“ erhalten hat.

Mögliche kleingärtnerische Strategien

  • Bevorzugung von Gemüse mit Trockenheitstoleranz
  • Bevorzugter Anbauzeitraum Frühjahr und Herbst (Wintergemüse)
  • Kontrolliertes Wässern

Gemüse und Kräuter mit Trockenheitstoleranz

 

Gemüse

Artischocke
Auberginen
Erbsen
Bohnen
Karotten
Kartoffeln
Kürbis
Kohlarten wie Weiß- oder Rotkohl
Paprika
Radieschen
Rhabarber (einmal reif)
Rüben
Rettich
Spargel
Süßkartoffel[1]
Topinambur
Zucchini
Zwiebel

Mediterrane Kräuter

Bergbohnenkraut
Estragon
Lavendel
Salbei
Schnittlauch
Thymian

 

 

Pflanzen mit hohen Wasserbedarf

Beispielhaft stehen für hohen Wasserbedarf Gurken, Mais, Paprika, Tomaten und Zucchini.

Allein die Tomaten verbrauchen während einer Anbauzeit von 8 Monaten ca. 600-800 Liter Wasser je m² (bei 2,2 Pflanzen je m²).

Anbaubeispiele für Frühjahr und Herbst

  • Kurze Frühjahrskulturen können vor Beginn der Sommerdürre geerntet werden; nach der Dürre kommen die Herbstkulturen als zweite Tracht auf das Beet.
    Frühe Reife (Frühkulturen Anbau März – April):
    Erbsen, Dicke Bohnen, Kohlrabi (früh), Radieschen, Rettich, Salat, Zwiebeln
  • Herbstkulturen (Anbau Juli – August):
    Endivien, Chinakohl, Radiologisch, Zuckerhutsalat
  • Tiefwurzler / Pfahlwurzel, d.h. Pflanzen mit langen Wurzeln, können eine sommerliche Dürre leichter überstehen. Ihre Aussaat sollte erfolgen:
    im zeitigen Frühjahr für Karotten, Pastinaken, Wurzelpetersilie und
    Ende April für Mangold, Möhren (spät) und Rote Beete

 

Kontrolliertes Wässern

Um eine zusätzliche Bewässerung kontrolliert durchführen zu können, sollte man vorab den Wasserbedarf der Pflanzen ermitteln. Dieser ist vom Entwicklungsstadium der Pflanze (Blattmasse und Wurzel) und vom jeweiligen Boden abhängig. Je größer die Blattmasse, desto größer der Wurzelbereich. Das Tiefen-Wachstum der Wurzeln wird auch von der Durchlässigkeit des Bodens beeinflusst. Dabei sind die Grenzen fließend. In der Praxis des Gartenbaus unterscheidet man folgende Tiefenbereiche: Flachwurzler (bis 30 cm), Mittelwurzler (30 cm bis 60 cm) und Tiefwurzler (60 cm bis 100 cm).

  • Flachwurzler
    z.B. Feldsalat, Knoblauch, Kopfsalat, Kohlrabi, Kürbis, Radieschen, Rettich, Spinat, Winterportulak
  • Mittelwurzler
    z.B. Blumenkohl, Bohnen, Brokkoli, Erbsen, Gurken, Karotten, Lauch, Paprika, Rote Bete, Sellerie, Tomaten
  • Tiefwurzler
    z.B. Artischocken, Kopfkohlsorten, Pastinaken, Spargel, Winterendivien, Schwarzwurzel

 

Häufig werden Pflanzen mit unterschiedlichen Wurzelgrößen und -tiefen in der Mischkultur auf einem Beet zusammengebracht. Bei der Bewässerung dieser Mischkulturen sollte man dies berücksichtigen.
Oft liest man Bewässerungshinweise wie z.B. „Staunässe vermeiden“ oder dass Kleingärtner zu oft, dabei jedoch zu wenig gießen würden. Von vielen Autoren wird häufig die Formulierung benutzt: „… es sollte ausreichend gegossen werden…“
Wie viel und wie häufig sollte es denn nun sein?

 

Allgemeine Faustregel für die Bewässerung

Allgemein gilt folgende Regel: Der Boden wird gewässert, bis er gesättigt ist.
Wenn während des Wachstums die Bodenfeuchte unterhalb des von den Pflanzen benötigten Wertes sinkt, dann muss wieder gewässert werden.

Die Bewässerungsintervalle und -mengen sind abhängig von

  • der Verdunstung des Bodens,
  • der Verdunstung durch die Pflanze
  • und von dem natürlichen Niederschlag.

 

 

Bewässerung praktisch

(nach der Methode Kleingärtner d.h. intuitiv Pi mal grüner Daumen)

  • geschätzter tgl. Bedarf ca. 3-4l / m² je nach Boden (eher Sand oder eher Lehm) und Witterung.
  • Bedarfsprobe mit Spaten; der Boden sollte in Wurzeltiefe noch feucht sein. Man kann auch einen einfachen Feuchtigkeitsmesser benutzen (Preis ca. 10 € Marke Royal Gardiner oder Pflanzmark o.ä.).
  • Bewässern mit Hilfe der gärtnerischen Faustregel:
    1l Wasser pro m² für 1 cm Bodentiefe.
    d.h. für „ausgewachsene“ Flachwurzler, wie z.B. Kopfsalat mit einer Wurzeltiefe von bis zu 30 cm, werden ca. 20 -30l Wasser pro m² benötigt.
  • Die Bodenauffüllung benötigt Zeit: da der Boden durchschnittlich ungefähr 10l Wasser pro Stunde und m2 aufnimmt, sind für die Bewässerung mit 30l ca. drei Stunden zu veranschlagen
    (= 10l Wasser ausbringen – Pause – 10l Wasser ausbringen – Pause – 10l Wasser ausbringen).
  • Bei der Verwendung der Gießkanne sollte man die Laufwege von und zur Wasserstelle und das Gießkannengewicht mit berücksichtigen. Der Gartenschlauch mit Brausestab ist einfacher zu handhaben; jedoch sollte man vorab testen, wie viel Wasser pro Minute herauskommen. Dies kann man feststellen: einen Eimer aufstellen – in der Regel hat dieser ein Fassungsvermögen von 10l – und die Zeit stoppen, bis dieser mit dem Schlauch und Brause gefüllt ist (z.B. 1 Minute).
  • Bei einem 10 m² Beet, auf das 10l mit einem Gartenschlauch mit Brausestab ausgebracht werden sollen, benötigt man in diesem Fall 10 Minuten. Um eine Verschlämmung zu vermeiden, sollte vor weiteren Wassergaben eine Pause von ca. einer Stunde eingelegt werden.

 

Technische Bewässerungsunterstützung

Die Gießkannenbewässerung kann man sich durch Verwendung von Perlschläuchen, Tropfschläuchen oder auch Einzeltropfer wesentlich erleichtern.

Der Schlauchabstand sollte 30 – 50 cm in Abhängigkeit vom Boden betragen.
Alle drei Schlauchvarianten haben den Vorteil, dass das Wasser direkt – ohne Blattbenetzung – an die Pflanze gebracht werden kann und dass Erosion und schneller, oberflächlicher Abfluss vermieden werden.

Bei Tropfschläuchen und bei Einzeltropfern werden Druckausgleicher benötigt. Diese erzeugen einen konstanten Druck und die Wasserabgabe erfolgt gleichmäßig.

Bei Perlschläuchen werden in der Regel keine Druckausgleicher eingesetzt. Dafür verringert sich entsprechend der Schlauchlänge der Wasserdruck. Pflanzen an den Schlauchenden erhalten weniger Wasser als am Schlauchanfang.

Durch eine Kontrolle (Spaten oder Feuchtesensor) kann man die Zeitdauer der Wassergabe anpassen. Der Vorteil der Perlschläuche ist auf jeden Fall finanzieller Natur. Sie sind in der Regel kostengünstiger als die Tropfvarianten (z.B. auch beim Discounter).

Namhafte Markenhersteller haben sowohl Tropfer für Einzelpflanzen als auch Sprühsysteme. Ihr Kennzeichen sind die „Spaghetti-Schläuche“. Dieses System muss regelmäßig entkalkt werden.

Die „künstliche“ Bewässerung aus der Leitung ist mengenmäßig reduzierbar durch den Einsatz von Regenwasser-Sammelbehältern (Regentonnen/-tank). Die derzeit gültige Gartenordnung der Stadt Frankfurt beschränkt das Aufstellen derartiger Behälter auf ein Fassungsvermögen von 1000 Liter je Kleingarten. Diese Beschränkung soll auf 2000 Liter vergrößert werden und ist bei „neuen“ Vereinen anscheinend schon genehmigt. Auf längere Sicht sind auch schon 3000L in der Diskussion.

Im Anhang ist eine Tabelle des Wasserbedarfs ausgewählter Nutzpflanzen je m² beigefügt. Wenn man sich überschlägig den zusätzlichen Bedarf aufgrund der Tabelle für eine kleingärtnerische Nutzung von ca. 100 m² überlegt, dann wird deutlich, dass auch 2000 Liter knapp bemessen sind. Denn in einem Kleingarten sind auch wasserbedürftige Zierpflanzen. Diese Tabelle eignet sich auch für eine grobe Kostenschätzung des Wasserbedarfs z.B.: die Wasserkosten für ein 10 m2 großes Beet mit frühen Buschbohnen hätten in 2019 ca. 2€ betragen (bei einem gerundeten Wasserpreis von 2€ je m3 Wasser).

[1] In den letzten Jahren ist die Süßkartoffel in Deutschland populär geworden. Sie stammt aus Mittelamerika und ihre optimale „Arbeits-“Temperatur beginnt mit 24 0C; sie soll wärmeresistent sein und bei 120 Tagen Kulturdauer einen Wasserbedarf von ca. 1000l je m² haben.

Anhang:

Tabelle des Wasserbedarfs ausgewählter Nutzpflanzen je m²
Tabelle des Wasserbedarfs ausgewählter Nutzpflanzen je m²

Quellen:

Trockenheit in Deutschland: Die Dürre, die nicht enden mag; Andreas Frey; 13.01.2020; www.spektrum.de
Bewässerung im Gartenbau; Peter-J. Paschold; 2010; Verlag Ulmer
Das Kleingewächshaus; Eva Schumann / Gerjard Milicka; 1996, 2010 Verlag Ulmer
Handbuch des gesamten Gemüsebaues; J. Becker – Dillingen; 5. Aufl. 1950
Wasserbedarf von Freilandgemüsekulturen;Prof. Dr. Jana Zinkernagel, Dr. Sebastian Weinheimer, Norbert Mayer
Bodenwasserhaushalt und Bodenbearbeitung; H. Flaig, J. Schickler 2012
GARDENA_Praxishandbuch_DIY; 2014
Berichte der Bayerischen Gartenakademie 4 – Bewässerung im Haus- und Kleingarten; 2017; Bayerische Gartenakademie an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG)
DWD Bodenfeuchte (Stationsgrafik) 10-tägiger Rückblick des Wetters und der Bodenfeuchte in der Schicht 0 bis 60 cm unter Gras: https://isabel.dwd.de/DE/leistungen/bodenfeuchte/bodenfeuchte.html;nn=380288
http://www.hortipendium.de
http://www.hortigate.de
http://www.dwd.de
https://www.hs-geisenheim.de/forschung/institute/gemuesebau/ueberblick-institut-fuer-gemuesebau/bewaesserung/geisenheimer-bewaesserungssteuerung/#
Danke auch an dieser Stelle an Frau Dr. Julia Krohmer und Herrn Dr. Thomas Berberich für Ihre Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Textes.