55 Jahre für eine Perle
Lage (Ort und Gefühl).
Fechenheim ist ein Stadtteil am östlichen Rand von Frankfurt. Ein ehemaliges Fischerdorf am Main. Und am Rand dieses Randes errichtete 1966 ein Verein von Kleingärtnern seine ersten Gartenlauben.
Dieser Verein gab sich den Namen KGV-Mainperle und war damit der dritte Kleingärtnerverein Fechenheims.
Auf der einen Seite dieser Anlage befanden sich die Wohnhäusern einer Neubausiedlung im Stil der 50er Jahre. Alle Gründungsmitglieder des Vereins wohnten dort. Auf der anderen Seite des Geländes waren Ackerflächen, die die Stadt von Fluss trennten.
Jede Gründungszeit hat ihre eigene Gefühlslage. Und ein Teil des damaligen Lebensgefühls rührt auch von der Bauweise dieser aus dem „Boden gestampften Neubausiedlung“ her.
Im Vergleich zu heute boten die Außenwände dieser Nachkriegsbauten kaum Wärmeschutz. Die Etagen waren mit einfachem Stahlbeton getrennt und Schallschutz war ein absolutes Fremdwort.
Der Straßenlärm war unüberhörbar: die damaligen Autos hatten laute und kreischende Motoren. Heutzutage hört man nur noch Reifengeräusche.
Der Wohnungsnachbar war und ist auch eine Lärmquelle! Eine Erkältung des einen Nachbarn bedeutete schlaflose Nächte aller Nachbarn.
In jeder Wohnung gab es aber auch schon Badezimmer mit einer Badewanne und Badeofen. Diese Öfen wurden mit Holz und Kohle befeuert.
Manchmal hatten derartige Wohnungen schon einen kleinen Balkon.
Kurz gefasst: das damalige Leben war eng.
Der Wunsch nach einem kleinem Gartengrundstück war deshalb auch gleichzeitig der Wunsch nach Freiheit.
Während die damalige Studenten- und Schülergeneration an der Hauptwache ihre wöchentlichen Demonstrationen durchführten, krempelten Menschen in Fechenheim ihre Ärmel hoch, rodeten das Land und bauten Gartenhütten. Auf Seiten der Stadt wurde dieses Projekt vom langjährigen Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Kraft begleitet. Die Gründergeneration der Mainperle hatte noch einen weiteren gemeinsamen Hintergrund: die Kriegserfahrung. Aus diesem Grund ist es bezeichnend, dass auf dem neuen Kleingartengelände im Krieg Flakstellungen gewesen waren.
Mit der Urbarmachung wurden, entsprechend der Bibel, diese Schwerter zu Pflugscharen gemacht.
„Im Schweisse deines Angesichts…“.
Die Steine des Ackers wurden das Fundament der Hütten.
Zuerst eine Schicht Steine, dann Zement und Wasser und dann die nächste Schicht Steine. Dazwischen Dachpappe zur Isolierung. Somit konnte keine Feuchtigkeit von unten in die Hütte eindringen.
Das Vereinsheim war eine nicht mehr genutzte Schulbaracke. Sie wurde in Gemeinschaftsarbeit ab- und auf dem Kleingartengelände wieder aufgebaut.
Name: Perle.
Eine Perle ist ein Schmuckstück, ein Schatz der gesucht und gefunden sein will. Aber eine Perle kann auch ein Geschenk sein.
Die Schönheit der Perlen sind in ihrer Form und auch in ihrem Glanz zu erkennen. Perlen sind selten und sie wachsen auch sehr langsam. Sie benötigen ein ökologisch ausgeglichenes Umfeld. Und gelegentlich wurden sie auch in deutschen Flüssen gezüchtet bis die Wasserverschmutzung dem ein Ende bereitete.
Die britischen Perlen waren, so sagt es die Legende, für Cäsar ein Vorwand um Britannien zu erobern.
Aber diese „Mainperle“ ist ein sich wiederholendes „Erlebnis“: die Gemeinschaft, die gemeinsame Arbeit in der und für die Anlage. Dies wiederholt sich jährlich in mehr oder weniger großem Umfang. Dies ist der Kern, die Seele des Vereins. Er ist ablesbar an dem großen Umfang der Gemeinschaftsstunden.
Gründer.
Zwei der damaligen Gründungsmitglieder sind mir persönlich bekannt: Harry Hoppe und Walter Flettner.
Harry Hoppe habe ich erstmals bei den Bezirksversammlungen der Stadtgruppe Frankfurt kennengelernt. Er ist, es darf auch erwähnt werden, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Band. Und Walter Flettner ist der Onkel meiner Frau.
Energisch, Selbstgewißheit und der Glaube an das Machbare. Diese Eigenschaften, zusammen mit der Gemeinschaftsarbeit haben vielen Vereinen ihre Basis verschafft.
Manche würden derartige Charakterzüge als Sturheit bezeichnen und auch die Gemeinschaftsarbeit ist oft ein Reizthema. Soweit ich mich an meine Kindheit in einer Kleingartenanlage erinnern kann, war Gemeinschaftsarbeit immer problematisch. Wegen der zeitlichen Verfügbarkeit und des knappen Geldes. Heute sieht dies vielerorts anders aus. Man kann sich quasi freikaufen und die großen Gründer-Projekte wie Vereinshaus, Geräteschuppen, Wasser- und Stromanschluss sind schon abgearbeitet. Das kann zu einer untätigen, passiven Mitgliedschaft führen: man grenzt aus. Die besondere Fähigkeit eines Vorstandes besteht nun darin, die Menschen zur kooperativen Verhalten zu bewegen.
Abschied.
Auf der Bezirksversammlung des Bezirks III am 20.2.2018 bei der KGV Pfingstweide e.V. informierte Harry Hoppe die Anwesenden von seinem Abschied aus der Vorstandsarbeit in der KGV Mainperle.
Er bedankte sich für die Jahrzehnte lange gute Zusammenarbeit mit der Stadtgruppe und den anderen Vereinen.
Harry Hoppe hat, als Initiator, Gründungsmitglied, wiederholt als Vorstandsvorsitzender ins Amt gesetzt ( vier mal) und als kenntnisreicher Kleingärtner 55 Jahre das Vereinsleben in Fechenheim vorbildlich mitgestaltet.
„Danke Harry.“
CHRONIK KGV „MAINPERLE“ E.V.
1963 |
Vorbereitung der Vereinsgründung |
März 1966 |
Gründung des Vereins |
01.02.68 |
Beginn der Arbeiten auf dem Gelände |
Oktober 1968 |
16 Gartenhütten – die ersten im Frankfurter |
März 1969 |
Beginn der Verlegung der Wasserleitung, Errichtung |
Juli 1969 |
das erste Gartenfest wird gefeiert |
12.Juni 1970 |
Gemeinschaftswasseranlage wird in Betrieb genommen |
1971 |
kamen vier weitere Gärten hinzu |
1972 |
die neuen Gärten wurden amtlich vermessen und |
1. 9. 1974 |
es wird beschlossen, eine Schulbaracke zu |
1976 |
das Fundament für das Gemeinschaftshaus wird |
11. 6.1977 |
Einweihungsfeier, verbunden mit dem 10jährigen |
1978 |
Das Vereinshaus wurde an das Trinkwassernetz der Erstmalige Veranstaltung des |
Zu Beginn der 80er |
Jahre wurde die spätere Erweiterung in |
1985 |
9. Platz im Landeswettbewerb der Kleingärtner |
1986 |
Erweiterung der Anlage um 23 neue Kleingärten |
20. 5.1989 |
Einweihung des Spielplatzes und Fertigstellung des |
bis 1991 |
zum 25-jährigen Bestehen des Vereins wurden |
1992 |
Einweihung der Abwasseranlage beim Frühschoppen |
Februar 1993 |
Brand des Vereinshauses durch Brandstiftung mit |
November 1993 |
Einweihung des Vereinshauses. Es waren 2077 |
1994 |
Stromverlegung in der Anlage. Es wurden insgesamt |
1995 |
Erweiterung der Anlage um ca. 1.000 qm, Schaffung |
Juli 1996 |
Frühschoppen aus Anlass des 30-jährigen |
Oktober 1996 |
1. Preis im Wettbewerb der Stadtgruppe Frankfurt |
2015 |
das Dach des Vereinsheimes wurde in |