Kapitel 7 Der Standort

Geschützter Standort
Geschützter Standort

Der Standort
Der Begriff Standort umfasst die Bodenverhältnisse, Groß- und Kleinklima und den Grundwasserstand.
Im Obstanbau ist die Beschaffenheit des Bodens weniger von Bedeutung als die klimatischen Verhältnisse. Wie Untersuchungen belegen, gedeihen unsere Obstsorten im gleichen Klima auf unterschiedlichen Bodenarten sehr gut, wenn die Nährstoffversorgung und gute Pflege gesichert sind.
Angesichts der Vielfalt an Arten und Sorten, die aus aller Welt zu uns kommen und angebaut werden, spielt der richtige Standort eine sehr wichtige Rolle. Früher genügte es meistens, den Obstgewächsen nach der Pflanzung ausreichend Wasser und Nährstoffe für ein gutes Gedeihen zu bieten. Die Sorten waren ja in unserem Klima entstanden und hatten sich über einen langen Zeitraum gegen alle möglichen äußeren Einflüsse behauptet. Alte Sorten wurden nun nach und nach durch vermeintlich bessere ersetzt, aber viele neue Sorten konnten den Schadfaktoren nicht standhalten, die der internationale Pflanzenhandel mit sich brachte. Die bedeutendsten Pomologen, wie Pfarrer Johann Ludwig Christ (+ 1739),
Georg Liegel (+ 1777), J.G.C. Oberdieck (+ 1794), Eduard Lucas (+ 1818) und andere wiesen in ihren Anleitungen stets auf die herausragende Bedeutung des Standortes für einen erfolgreichen Obstanbau hin.

Ein optimaler Standort und die Bedingungen dort sind also von entscheidender Bedeutung für alle Formen des Obstanbaues. Ein guter Wuchs, geringer Befall durch Krankheiten und Schädlinge und ein hoher Ertrag sind nicht nur abhängig von den Bodenverhältnissen und schon gar nicht von der Düngung, sondern von den Klimaverhältnissen und der örtlichen Lage.

Temperatur
Besonders die Temperaturen von Mai bis September beeinflussen die Bildung der Blütenknospen für das nächste Jahr. Weinreben, Aprikosen und Pfirsiche brauchen die meiste Wärme. Es folgen Birnen, Renekloden, Mirabellen und schließlich Äpfel, Kirschen, Zwetschgen und das Beerenobst.
Entscheidend ist die Wärmesumme, nicht kurze Wärmeperioden. Anhaltende Hitze wirkt sich nachteilig aus.

Luftfeuchte
Häufige Niederschläge und Tau begünstigen einerseits die Pflanzen- und Fruchtentwicklung der meisten Arten, andererseits aber auch besonders stark den Befall mit Krankheiten (Schorf, Feuerbrand, Holzpilze) und Schädlingen.

Geschlossene Lagen
Windschutz in Innenhöfen, Hecken- und Mauerräumen, wie sie etwa in den „Kitchengardens“ Englands üblich waren, begünstigen Krankheiten und Schädlinge, die in gut durchlüfteten Anlagen weniger, in höheren Lagen nur sehr selten auftreten.

Schutz Kaltluft
Schutz Kaltluft

Frostlagen
sind tief gelegene Geländestellen, also Flussniederungen, Senken und Talsohlen, in denen sich die abwärts fließende Kaltluft sammelt. Hier ist die Gefahr durch Spät- (Blüten-) fröste besonders groß. Solche Lagen sind für einen guten Obstanbau kaum geeignet.

Der Boden
Beste Bedingungen für Obstgewächse bieten humose Lehmböden. Sandböden sind noch geeignet für Sauerkirschen, Pflaumen, Pfirsiche und Strauchobst. Eine Vorkultur mit Tagetes (Studentenblume) vor einer Neupflanzung mit Obstgewächsen (einschließlich Erdbeeren) richtet sich gegen Schadorganismen im Boden. Versuche belegten eine beachtliche Wachstumsförderung gegenüber eine unbehandelten Kontrollfläche. Das Land muss vor einer Aussaat Mitte Mai aber von Dauerunkräutern frei sein. Mit Tagetes patula ‘Sparky Mischung‘ erzielte man bessere Erfolge gegen die Nematoden als mit Ackersenf.

Wurzeln brauchen Luft!
Sie können nur dann gut wachsen, wenn sie auch atmen können durch Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlensäure. Wie die Wurzeln atmen auch die lebensnotwendigen Kleinlebewesen, wodurch der Sauerstoffbedarf im Boden recht hoch ist.

Bodenverdichtung
Bodenverdichtung

Entsteht aber eine verdichtete Erdoberfläche, so ist der Gasaustausch unterbrochen und der Sauerstoffvorrat verbraucht sich in kurzer Zeit. Das Bodenleben kommt dann infolge der hohen Konzentration an Kohlensäure zum Stillstand oder stirbt gar ab.
Sehr schwere Böden zwingen die Wurzeln flach zu bleiben, wodurch die Holzausreife im Herbst fraglich wird und die Bäume durch Holzfrost im Winter gefährdet sind.
Folglich soll man auch auf das Festtreten der Erde bei der Baumpflanzung verzichten.

Dammkultur mit Tropfbewässerung
Dammkultur mit Tropfbewässerung

Dammkultur.
Wenn der Untergrund keine ordentlichen Pflanzgruben zulässt so stellt man die Bäume auf die gewachsene Erde und häuft die vorbereitete Pflanzerde bis knapp unter die Veredelungsstelle an. Ein kräftiger Pfahl ist von entscheidender Wichtigkeit. Aufgelegte Rasenplatten oder Fertigrasen verhüten, dass die lockere Erde abgeschwemmt wird, lässt aber den Regen durch.,

Ob ein Spalier vor einer hellen Hauswand, einer dunklen Mauer oder vor einem Hintergrund mit Holz steht, kann sich – je nach Himmelsrichtung – unterschiedlich auf Wachstum und Fruchtqualität auswirken.
Dunkles Mauerwerk speichert tagsüber die Wärme und gibt sie nachts wieder langsam ab – ein Vorteil für die Reifezeit. Allerdings kann solch ein Standort in Spätfrostlagen zum Problem werden, weil der Austrieb früher erfolgt. Dann muss rechtzeitig für Frostschutz gesorgt sein.
Weißer Hintergrund, etwa bei Hauswänden, reflektiert das Sonnenlicht und bewirkt dadurch eine gute Fruchtausfärbung mit wertvollen Inhaltsstoffen. Zu starke Lichteinstrahlung auf der Südseite kann bei bestimmten Apfelsorten zu Sonnenbrand an Blättern und Früchten führen. Diese kostenlose Energiezufuhr an Mauern ist bei Strahlungshitze im Sommer weniger pflanzenverträglich; sie könnte aber durch eine geeignete Schattiermatte als Mauerauflage gemildert werden.
Holzwände sollten nicht farbig gestrichen werden, denn der warme Holzton ist pflanzenfreundlich und passt auch optisch gut in den Garten. Als idealer Hintergrund für Spaliere wird jedoch der hölzerne Flechtzaun angesehen. Er besteht aus leicht zu montierenden Elementen, bietet Windschutz und lässt dennoch eine leichte Durchlüftung zu.

Der örtliche Boden
Wildwachsende Kräuter geben wertvolle Aufschlüsse über die Eignung des Gartenbodens für eine beabsichtigte Gartenkultur. Man spricht deshalb auch von „Zeigerpfanzen“.

  • Auf nährstoffreichen Böden: Brennessel, Erdrauch, Franzosenkraut, Gänsefuß, Grüner Fuchsschwanz (Amaranth), Kohldistel, Melde, Schafgarbe, Schwarzer Nachtschatten, Vogelmiere.
  • Auf armen Böden: Ackerstiefmütterchen, Hirtentäschel, Kamille.
  • Auf sauren Böden: Hederich, Hundskamille, Sauerampfer, Sauerklee, Sumpfschachtelhalm, Wucherblume.
  • Auf kalkreichen Böden: Ackerschachtelhalm, Ackerwinde, Hahnenfuß, Hasenohr (Bupleurum), Huflattich, Klatschmohn, Küchenschelle.
  • Auf schweren Böden: Distelarten, Kriechender Hahnenfuß, Steinsame, Vergissmeinnicht, Winden.
Boden-Lochfolie
Boden-Lochfolie

Bodenbedeckung
Früher wurde der Pflanzstreifen in 60 cm Breite mit kurzem Mist bedeckt, was auch heute noch vorteilhaft wäre – wenn es ihn denn noch ausreichend gäbe. Dadurch wurde die Bodenfeuchtigkeit gehalten, Humus und milder Dünger zugeführt und das Unkraut eingedämmt.
Mit einer Bodendecke aus geschreddertem Chinaschilf oder heimischer Schilfart in der Spalierreihe machte man besonders gute Erfahrungen. Solch eine Auflage ist gleichzeitig Kälteschutz, Feuchtedepot, Schnecken- und Unkrautstop.
Ersatzweise wäre eine Mulchschicht im normalen Umfang mit Stroh oder Rohkompost möglich, aber auch eine schwarze Garda-Porenfolie ist gut brauchbar. Sie ermöglicht den Luftaustausch, lässt Regenwasser durch, hält aber Unkraut zurück.

Tropfbewässerung
Tropfbewässerung

Wenn ein Tropfsystem nicht schon bei der Pflanzvorbereitung unterirdisch verlegt wurde, so ist es hinterher immer noch vorteilhafter als gelegentliches Gießwasser. Bei Wandspalieren sind Asphalt- und Betonflächen bis hin zum Baum wegen der Hitzeabstrahlung und der Wasserversorgung sehr problematisch. Abhilfe kann man nach der Bodenverbesserung durch Rasen-Formsteine schaffen, die den Zutritt von Wasser und Luft zulassen und trotzdem trittfest sind.

Vogelmiere muss nicht gleich als Unkraut beseitigt werden. Die dichte Decke beschattet und belebt den Boden und schützt ihn vor Austrocknung. Die Vogelmiere wird bisweilen als Salat gegessen und auch gerne als Futter für Heimvögel geholt. Wegen ihrer zarten, flachen Wurzeln lässt sich bei Bedarf der ganze Mierenteppich sehr leicht mit dem Rechen abziehen und gerade deshalb besteht keinerlei Wurzelkonkurrenz zu Kulturpflanzen. Die Vogelmiere ist Anzeiger für durchlässige, gare Böden, mit genügender Feuchtigkeit und harmonischer Nährstoffversorgung – das Ziel aller Gärtner.

Ist der Rasen schädlich für Obstgehölze?
Früher sagte man: “der Rasen ist des Obstbaums Leichentuch“.
Tatsächlich besteht ein gepflegter Rasen aus einer Gesellschaft von zahlreichen Gräserarten, die ein unterschiedlich hohes Wasser- und Nährstoffbedürfnis haben. Infolge des üblicherweise häufigen und tiefen Schnittes steigern sich die Ansprüche noch zusätzlich. Ein solcher Grünteppich ist alles andere als genügsam und tritt deshalb zwangsläufig in Nahrungskonkurrenz mit den flachstreichenden Obstgehölzwurzeln. Gerade auf leichteren Böden wird es bei Wärme und Wasserknappheit problematisch werden, denn Obst braucht nun mal sehr viel Kraft und die kann ja nur aus dem Boden kommen. Mangel bedeutet aber gleichzeitig Schwächung der Pflanzen und damit ein willkommenes Angriffsziel für Krankheiten und Schädlinge.
Übertragen auf die Verhältnisse im Hausgarten kann deshalb der Rückschluss nur heißen: entweder Verzicht auf den Rasen oder Obstgehölze raus – oder was?
Ein gangbarer Mittelweg lässt sich aber (fast) immer finden. Erst einmal schafft man Luft an die Obstgewächse durch ausreichend große Baumscheiben oder Pflanzstreifen. Sodann ändert man die Schnitthöhe und mäht nicht mehr so oft. Bald darauf wird sich von selbst eine andere Gras-/Kräutergesellschaft ansiedeln, hoffentlich auch die Schafgarbe (Achillea millefolium), weil sie extrem genügsam ist und aufgrund ihrer guten Eigenschaften (Schwefelsammler) auch heilsamen Einfluss auf die Nachbarpflanzen ausübt. Die Ansiedelung lässt sich beschleunigen, indem man in freier Wildbahn Samenstände sammelt und auf der Fläche grob verteilt. Die wilde Schafgarbe ist allgemein als Heilpflanze bekannt, verträgt jeden Schnitt und ist vollkommen trittfest. In dieser Gesellschaft ist auch der Löwenzahn als Kalisammler willkommen, doch sollte gemäht werden, bevor sich seine Samen zum Nachbarn aufmachen.
Wenn beide Bedürfnisse, also Gras-/Kräuterdecke und Obstgewächse, sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, so ist nicht einzusehen, warum sie nicht miteinander auskommen sollten – auf der Streuobstwiese geht das ja auch.

Stamm-Temperatur
Die Winterhärte
Apfelbäume heimischer Herkunft halten bis zu 1200 Kältestunden (unter 6 °C) aus, die nicht einheimische Aprikose nur 700 Stunden. Bevor diese Werte nicht erreicht sind, verbleiben die Gehölze in Winterstarre. Der Apfelbaum hat diese Anzahl in der Regel im Januar/Februar erreicht. Bis dahin kann er je nach Sorte Minuswerte von 20 – 35 °C vertragen. Deshalb können Fröste ab -10 °C im November (die volle Kälteresistenz hat sich noch nicht aufgebaut) und März/April sowie -5 °C im Mai Schaden anrichten. Auch dann, wenn in dieser Zeit ein Temperatursturz zu schnell kommt (3 Tage).
Die meisten Frostschutzmaßnahmen im Februar bleiben also zumeist ungenügend, wenn sich die Obstgehölze nicht selbst auf natürliche Weise und frühzeitig auf die Winterkälte vorbereiten können. Die Abhärtung beginnt schon nach der Jahresmitte, wenn die Bildung wachstumsfördernder Hormone abnimmt, zugunsten der wachstumshemmenden. Diese Veränderungen führen schließlich zum Triebabschluss im Herbst. Ab dann geht alles, was infolge von späten Dünger- und Wassergaben (nach dem 1. Juli) noch weiter wächst, unausgereift in den Winter.

Probleme treten immer dann auf, wenn die Winterruhe durch kurzzeitige, warme Witterung unterbrochen wird, wobei stets eine so genannte Holzenthärtung eintritt. Solche Zeitabschnitte sind im Februar nicht selten. Dann können die Stämme aufgrund der Holzspannungen (Sonnenseite/Schattenseite) aufreißen und an den Knospen sind Verbräunungen erkennbar. Ursache ist das Absterben einzelner Gewebeteile infolge des langsamen Wachstums von Eiskristallen in den Zellzwischenräumen, wodurch die Zellwände schließlich zerbersten müssen. Das ist der Grund, weshalb die Stämme auf der Sonnenseite schattiert oder weiß angestrichen werden, um die Erwärmung möglichst gering zu halten.
Möglicherweise kann auch die – normalerweise ertragsfördernde – Virusfreiheit einen nachteiligen Einfluss auf die Winterhärte haben, weil solche Bäume meist später mit dem Trieb abschließen.
Pflege.
Erschöpfungszustände sind durch guten Schnitt und rechtzeitige Fruchtausdünnung (bald nach der Blüte) vermeidbar. Zur Kräftigung hat sich eine Nacherntespritzung mit Aminosol (Lebosol Dünger GmbH in 67142 Deidesheim) oder eine 10%-ige Zuckerlösung (Fructose) als günstig im Hinblick auf die Frosthärte und die nächstjährige Ernte erwiesen.
Gesundheitszustand. Jede Schwächung durch Krankheiten oder Schädlinge muss einen nachteiligen Einfluss auf die Frosthärte haben. Apfelbäume mit Krebs sind außerordentlich gefährdet, denn der Pilz verbreitet sich auch in der kälteren Jahreszeit. Bei Birnen wirkt sich der Schaden durch die schwer bekämpfbaren Birnblattsauger und der jährliche Befall mit Birnengitterrost sehr nachteilig auf die natürliche Frosthärte aus.

In wärmeren Klimagebieten mögen diese Hinweise zur Winterhärte unserer Obstbäume scheinbar ohne große Wichtigkeit sein, doch auch dort gab es schon Extremwinter mit Frostschäden. Außerdem können die Hinweise an Bedeutung gewinnen, angesichts der zunehmenden Einführung immer neuer Sorten, die in fernen, südlichen Ländern ihren Ursprung haben. Als ob es nicht auch bei uns genügend wertvolle und robuste Sorten gäbe.
Entscheidend für den erfolgreichen Obstanbau ist immer noch eine sorgfältige Anbauplanung mit robusten Sorten und eine fachgerechte Kulturführung. Eine Reihe von Beratungsstellen helfen bei der Entscheidungsfindung.

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